Ernährung in Krankheitssituationen

Die Ernährung bekommt in Phasen der Krankheit einen besonderen Stellenwert. Mit der richtigen Ernährung kann der Verlauf einer Erkrankung und die Genesung positiv beeinflusst werden. Doch welche Nährstoffe sind besonders wichtig? Und wie schafft man es, diese trotz reduziertem Wohlbefinden einzunehmen?

Immunsystem

Wenn wir krank sind, läuft unser Immunsystem auf Hochtouren. Dabei kann es sich um verschiedene Erkrankungen wie eine Erkältung oder eine Grippe handeln. Aber auch bei Krebserkrankungen oder bei der Wundheilung ist ein funktionierendes Immunsystem gefragt. Damit dieses funktioniert, ist es wichtig, dass wir unserem Körper die Nährstoffe zuführen, die er benötigt, um die Bausteine des Immunsystems zu kreieren. So können wir schneller genesen, eine Therapie besser vertragen oder im Alltag schneller wieder leistungsfähiger sein [1].

Kritische Nährstoffe

Bei einer Erkrankung ist oft sowohl der tägliche Proteinbedarf als auch der Energiebedarf erhöht. In welchem Masse der Bedarf erhöht ist, ist abhängig von der Erkrankung selbst sowie des Erkrankungsgrades.

Proteinbedarf

Ein besonders wichtiger Nährstoff in Krankheitsphasen ist das Protein. Proteine sind aus Aminosäuren aufgebaut. Diese Aminosäuren wiederum sind unter anderem Bausteine verschiedener Enzyme, Hormone, Antikörper und Transporter. Zudem sind sie an Prozessen wie der Wundheilung beteiligt, indem sie beispielsweise Bausteine für neue Haut bilden.

Während der Proteinbedarf bei gesunden Personen bei 0.8g pro Kilogramm Körpergewicht [2] liegt, kann der Bedarf während einer Grippe aufgrund der erhöhten Entzündungswerte um ungefähr 20% ansteigen [3]. Berechnet man dies anhand einer 75kg schweren Person, ergibt dies ein Proteinbedarf von 60g im Alltag und mind. 75g während der Grippe. Bei anderen Erkrankungen wie beispielsweise einer Krebserkrankung, kann der Bedarf bis 1.5g pro Kilogramm Körpergewicht [4] ansteigen. Bei einer 75kg schweren Person ergibt dies etwas mehr als 110g pro Tag. Ebenfalls einen erhöhten Proteinbedarf haben Personen mit Wunden [5] (auch Operationswunden) oder Verbrennungen [6]. Hierbei ist es wichtig die Grösse der Wunde zu beurteilen, um den Proteinbedarf richtig abschätzen zu können.

Mikronährstoffe

Während für Energie- sowie Proteinbedarf Empfehlungen aus Studien abgeleitet werden können, ist eine konkrete Aussage bei Mikronährstoffen schwieriger. Es gibt jedoch einige Mikronährstoffe, die in Entzündungsphasen besonders wichtig werden, um einerseits die gewohnten Funktionen des Körpers zu erhalten und andererseits für spezifische Reaktionen bereit zu stehen. Bei Erkältungen oder bei der Grippe sowie auch für die Wundheilung sind Vitamin C und Vitamin D sowie Zink von grosser Bedeutung [7] [8].

Reduzierter Appetit bei Erkrankungen

Sehr viele Personen spüren, wie ihr Appetit reduziert ist und die Lust zum Essen abnimmt, wenn sie krank sind. Da Kranksein meist auch mit reduzierter körperlicher Aktivität einher geht, denken viele, dass man entsprechend weniger essen muss. Dies ist jedoch ein Trugschluss und kann negative Folgen haben. Denn wenn die benötigten Nährstoffe nicht zugeführt werden, werden diese, wo möglich, aus den Körpereigenen Reserven abgebaut. So kommt es zum Beispiel zum Verlust von Muskelmasse, wenn nicht genügend Protein aufgenommen wird. Wenn die Nährstoffe im Körper weder vorhanden sind noch zugeführt werden, kommt es zu einem Mangel und Stoffwechselabläufe können nicht mehr ausreichend funktionieren. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass Wunden nicht zuheilen können.

Bedarf decken – Praxistipps

Es ist daher wichtig, gerade wenn man krank ist, darauf zu achten eine bedarfsdeckende Ernährung anzustreben. Mit gewöhnlichen Suppen und etwas Griessbrei kann weder der Energie- noch der Proteinbedarf und schon gar nicht der Mikronährstoffbedarf abgedeckt werden. Wenn immer möglich, sollten also eine ausgewogene Ernährung beibehalten werden und mehrfach täglich Proteinlieferanten gegessen werden. Wenn es einem schwer fällt, die gewohnten Mengen zu essen, kann es sinnvoll sein, öfters zu essen und viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen. Falls es trotz der häufigen Mahlzeiten schwierig bleibt, genügend Energie und Protein aufzunehmen, können Mahlzeiten beispielsweise mit hochwertigen Ölen und Proteinpulver angereichert werden, um den Energie- und Proteingehalt der einzelnen Mahlzeiten zu erhöhen. Eine weitere Möglichkeit ist die Zubereitung von Smoothies, da diese viele Nährstoffe in kompakter Version liefern.

Ob durch die Einnahme eines Mikronährstoffpräparates mit Vitamin C Erkältungs- oder Grippesymptomen schneller abklingen, wird kontrovers diskutiert. Während einige Studien einen Vorteil zeigen, finden andere Untersuchungen keine positiven Effekte. Eine vorbeugende Supplementierung, um eine Grippe zu vermeiden, wird nicht empfohlen [9] [10]. Eine Übersichtsarbeit kommt zum Schluss, dass Vitamin C aufgrund der geringen Kosten aufgrund des möglichen Nutzens trotzdem eingenommen werden kann [10]. Dafür spricht auch, dass es bei reduziertem Appetit und erhöhtem Proteinbedarf oft schwierig ist, Gemüse und Früchte in genügend grossen Mengen zu sich zu nehmen. Hier könnten Smoothies ebenfalls eine Möglichkeit sein, mehr Mikronähstoffe zu sich zu nehmen. Auch bei der Zinkeinnahme ist die Literatur nicht eindeutig. Wer sich für eine Zinksupplementation entscheidet, sollte diese unbedingt während der ersten 24 Stunden nach dem Einsetzen von Symptomen beginnen, um die Dauer der Erkältung zu reduzieren. Zink präventiv einzusetzen, wird nicht empfohlen [9] [11].

Autor: Sue Menzi

Quellen:

[1] Biesalski, H. 1., Bischoff, S. C. 1., Pirlich, M. 1., Weimann, A., Adolph, M., Arends, J., . . . Valentini, L. (2018). Ernährungsmedizin (5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.). Georg Thieme Verlag.

[2] DACH-Referenzwerte – Société Suisse de Nutrition SSN (sge https://www.sge-ssn.ch/grundlagen/lebensmittel-und-naehrstoffe/naehrstoffempfehlungen/dachreferenzwerte/ -ssn.ch)

[3] Kurpad AV. The requirements of protein & amino acid during acute & chronic infections. Indian J Med Res. 2006 Aug;124(2):129-48. PMID: 17015927.

[4] Arends, J. et al. (2015). DGEM-Leitlinie Klinische Ernährung in der Onkologie. Aktuelle Ernährungsmedizin, 40(05): e1-e74.

[5] Quain, A. M., & Khardori, N. M. (2015). Nutrition in wound care management: a comprehensive overview. Wounds: a compendium of clinical research and practice, 27(12), 327-335.

[6] Rousseau A.F., Losser, M.R., Ichai, C., & Berger, M.M. (2013). ESPEN endorsed recommandations: nutritional therapy in major burns. Clinical nutrition, 32(4), 497-502

[7] Kurmann S., Burrowes, J.D. (2009). Ernährung des nicht kritisch kranken Wundpatienten -spezielle Supplemente. Aktuelle Ernährungs Medizin, 34, 269-277.

[8] Paolo M. Suter. (Hrsg.) (2008). Checkliste Ernährung. (3. Auflage). Stuttgart. Georg Thieme.

[9] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). (2008). Vitamin C- und Zink-Tabletten verhindern oder heilen Erkältung nicht.

[10] Hemilä H, Chalker E. Vitamin C for preventing and treating the common cold. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 1. Art. No.: CD000980. DOI: 10.1002/14651858.CD000980.pub4. Accessed 25 November 2021.

[11] Singh M, Das RR. Zinc for the common cold. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 6. Art. No.: CD001364. DOI: 10.1002/14651858.CD001364.pub4. Accessed 25 November 2021.

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